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CD-Tipps

VAN MORRISON

VAN MORRISON / KEEP ME SINGING

Der Titelsong des Album „Sinner“ ist ein Duett von Aaron Lewis mit Willie Nelson.

Irgendwann im Leben wird einem eines klar: Man sollte das machen, was man am Besten kann. Van Morrison hat das im zarten Alter von 71 Jahren auch erkannt: „Keep Me Singing“ – lasst den Mann singen. Schließlich kann er es, wie kaum ein Zweiter.

Und so singt sich der für seine schlechte Laune nahezu genauso wie für seine Musik bekannte Künstler durch ein neues Repertoire: 13 Titel, ein Dutzend aus eigener Feder, füllen die rund 57 Minuten von „Keep Me Singing“, sein 36. Studio-Album. Es ist eine knappe Stunde erlesener Musik. Das darf man bei einer Legende wie Van Morrison auch erwarten. Doch im Gegensatz zu vielen seiner letzten Werke, verlässt sich der zum Sir geadelte Künstler nicht auf längst bewährtes Songmaterial und auch nicht auf PR-trächtige Duettpartner – sondern nur auf seine eigene Kunst, auf seine Lieder und auf seine Stimme. Lasst mich nur singen – wir lassen ihn nur zu gerne.

„Keep Me Singing“ – ein Alters-Meisterwerk

Natürlich kann man „Keep Me Singing“ als eine Art Alterswerk betrachten. Wie auch nicht? Schließlich blickt der Mann mit dem obligatorischen Hut auf knapp 50 Jahre Künstlerdasein zurück. In seiner Karriere erlebte er so ziemlich alles, was das Künstlerdasein so zu bieten hat: Hits und Flops, Euphorie und Frust, Liebe und Leid. So nebenbei arbeitete er mit so gut wie allen Größen aus so gut wie allen Genres zusammen: von John Lee Hooker über Cliff Richard bis Mark Knopfler. Neben Folk, Blues und Jazz hat Van Morrison aber auch ein Faible für Country. Mit „You Win Again“ (2000) und „Pay The Devil“ (2008) legte er klassische Country-Alben auf, gastierte in Nashvilles Ryman Auditorium. Zum lupenreinen Country-Act ist Van Morrison deshalb freilich nicht geworden. Und dass er das so schnell auch nicht wird, belegt „Keep Me Singing“.

Für das musikalische Outfit von reichlich Melancholie erahnen lassenden Titeln wie „Out In The Cold Again“, „Memory Lane“, „Too Late“ und „Every Time I See The River“ bedient sich Morrison größtenteils bei Jazz und Soul. Oder bei den groß angelegten Arrangements des American Songbooks – viele Streicher, ein perlendes Klavier, die Drums subtil mit den Jazz-Besen bearbeitet. Neben der sich wie ein roter Faden durch die CD ziehenden Wehmut eines Zurückblickenden prägen – als temperamentvolle Kontrapunkte – einige herrlich robuste Bluessongs „Keep Me Singing“. Einer davon trägt den gut gemeinten Titel „The Pen Is Mighter Than The Sword“, bei dem eine akzentuierte, an Mark Knopfler erinnernde Gitarre die Hauptrolle im Soundkostüm spielt. Überhaupt: Der Song hätte sich prima auf jedem Dire Straits-Album gemacht.

Dass der Mann den Blues absolut intus hat, beweist er aber erst gegen Ende der von ihm selbst produzierten „Keep Me Singing“-CD. Vor allem bei dem rustikalen, ganz an klassischen Blues-Motiven entlang geschriebenen „Going Down to Bangor“. Zum scheppernden Schlagzeug gesellt sich ein klimperndes Klavier-Riff, eine Blues-Harp und ein sich stur wiederholendes Gitarrenmotiv. Der Blues, das weiß man, lebt von der Einfachheit, von der Reduktion und: von der Intensität im Vortrag – beides liefert der Veteran hier vorbildlich ab.

Van Morrison blickt zurück – mit Wehmut, aber auch mit Leidenschaft

Natürlich ist Nostalgie das große Thema von „Keep Me Singing“. So fühlt man sich bei dem wunderbaren Titeltrack und dem Soul-Folk von „Too Late“ schon nach wenigen Takten an die guten, alten Them-Tage erinnert; als Van Morrison als kaum 20-Jähriger die Band in die Hitparaden sang. Bei aller Rückschau hat sich der eigenwillige Superstar seine Neugier bewahrt. Er probiert immer noch aus, er hat offenbar immer noch Wünsche und Ziele. Das zeigt sich in dem jazzigen, zunächst etwas sperrigen, im Refrain aber dann himmlisch hymnisch gestalteten „Holy Guardian Angel“ und in der an Randy Newman erinnernden Braggs/Robey-Komposition „Share Your Love With Me“. Als Austesten darf man auch das finale „Caledonia Swing“ verstehen, ein Instrumental, bei dem der Meister Piano und Saxophon spielt. Nun ja, auf beiden Instrumenten ist für ihn noch Luft nach oben. Man lernt eben nie aus.

Fazit: Er kann Country – aber nicht dieses Mal. Bei „Keep Me Singing“ präsentiert der zum Sir geadelte Van Morrison neue Songs, die so gut wie alle ihre Wurzeln in der musikalischen Vergangenheit haben: Jazz, Soul und viel Blues. Stilistisch tolerante Country-Fans werden dennoch ihre Freude an dem Album haben.

(aus countrymusicnews.de)

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