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CD-Tipps

TONY JOE WHITE

TONY JOE WHITE – SMOKE FROM THE CHIMNEY

 Dan Auerbach, Sänger und Gitarrist der Blues-Rock-Band BLACK KEYS aus Akron, Ohio, betreibt in Nashville das Easy Eye Sound-Studio mit gleichnamigem Plattenlabel. Seit einigen Jahren ist er mit Jody White, Sohn und Manager des 2018 völlig unerwartet verstorbenen TONY JOE WHITE, befreundet und er hatte sich einige Male vergeblich bemüht, mit der Swamp Rock-Legende zusammenzuarbeiten und mit ihm ein Album zu produzieren. Posthum ist ihm dies nun doch noch gelungen. Über die Jahre hatten sich in Tony Joe’s Home Studio unzählige Demo-Aufnahmen von Songs angehäuft, die weder an andere Künstler gingen noch den Weg auf seine eigenen Platten fanden. Sorgfältig haben Jody und Dan aus diesem reichhaltigen Fundus 9 Titel ausgesucht und Musiker ausgewählt (u.a. die Memphis Boys Bobby Wood, keys, & Gene Chrisman, dr), die zur Stimme, Gitarre und Mundharmonika von Tony Joe, die passende Instrumentierung unterlegten. Magische Momente seien dies gewesen im Studio und der Geist von Tony Joe allgegenwärtig und … das Resultat mag zu überzeugen:

An das Klangbild muss man sich erst wieder gewöhnen; seit den Nullerjahren hatte sich Tony Joe auf das Minimale und blueslastige beschränkt. Jetzt hört man seine Musik mit vollen Arrangements, die aber nicht überfrachten, seine Stimme und seine Geschichten stehen im Fokus. “Der Rauch aus dem Kamin” ist nah an “Louisiana Rain”, Country-Flair und etwas spanische Gitarre bei “Del Rio, you’re making me cry”. Beim Swamp-Rocker “Boot money” erzählt er uns, dass er früher, was von seinem Wochenlohn übrig blieb, in seinen Schuhen zu verstecken pflegte. “Listen to your song” erinnert an “Lake Placid Blues”. Das tragische Ende seiner ersten Liebe (Over you) rührt zu Tränen. Die Schauergeschichten, die man sich in einer Sturmnacht am Kamin erzählt (Scary stories), müssen neueren Datums sein und hätten perfekt auf sein Hoodoo- oder Rain Crow-Album gepasst. Bei “Bubba Jones”, der den grössten Forellenbarsch aus dem Mississippi ziehen will, erinnert man sich an die Geschichte von “Gumbo John” und seinem Alligator Clyde. „Billy“ – die Schlussnummer (übrigens der einzige Titel, der das Licht der Welt schon mal erblickt hatte: in der nah am Original liegenden Interpretation von Waylon Jennings auf dessen Album „I’ve always been crazy“ aus dem Jahre 1978 und in der Live-Aufnahme vom Meister selbst, Austin City Limits 1980, jedoch erst 2006 auf CD & DVD veröffentlicht), die von den zwei Wanderarbeitern erzählt, deren langjähriger gemeinsamer Weg sich wegen Heimweh des einen irgendwann trennte.

Ein ganz tolles Album des Swamp Fox das einmal mehr beweist, was für ein grossartiger Songschreiber und Geschichtenerzähler er war und das lange Bestand haben wird (um das abgelutschte Wort “nachhaltig” zu vermeiden). Wer weiss, vielleicht fördert Jody noch weitere solche Perlen zutage – was sehr zu hoffen ist.

 

Von Martin Enderli, der auch mit Tony Joe White zusammen gespielt hat.

http://www.martinenderlee.com

 

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