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CD-Tipps

ANDERSON EAST

ANDERSON EAST / ENCORE

Anderson East scheint eine etwas gespaltene Persönlichkeit zu haben. Da ist der Anderson, der mit Vornamen Michael heißt und die Rechnungen bezahlt – wie er selbst sagt. Und dann ist da der Mann mit der beeindruckenden rauen, warm-kratzigen Gesangsstimme, der sich den Künstlernamen East ausgesucht hat. Weil im Osten die Sonne aufgeht und da jeden Tag Neues und Großes entsteht. Und Großes lässt auch er auf seinem Album „Encore“ entstehen.

Vor allem aufgrund seines Gesangs denkt man schnell an Van Morrison. Und das findet East gar nicht schlecht: „Das ist das größte Kompliment, das man mir machen kann. Van Morrison ist einer dieser ganz besonderen Menschen, die durch die Welt schweben und die man nicht greifen kann. Wie er seine Stimme einsetzt und variiert, das ist fast wie eine sich windende Schlange.“ „Ich finde ihn so faszinierend, er ist eine große Inspiration für mich“ sagt Anderson über Van.

Ursprünglich aus Athens in Georgia, zog East nach Tennessee, um sich dort als Toningenieur ausbilden zu lassen. Neben jeder Menge technischem Musik-Know-how hat er dort vor allem Kontakte ins Musikbusiness geknüpft und sich beruflich wie privat mit Musikern wie Chris Stapleton, Sturgill Simson und Jason Isbell angefreundet. Alles echte Countrymusik-Größen – nicht nur in der Szene Nashvilles.

Da wäre es natürlich naheliegend, auch von East ein Country-Album zu erwarten. Aber weit gefehlt. Auf „Encore“ hören wir vor allem zeitlosen Southern Soul, ein bisschen R ’n‘ B und Gospel und ja, auch mal Country-Einflüsse. Ein wunderbarer Retro-Sound, für den East mit seinen gerade mal 30 Jahren doch eigentlich zu jung ist. Doch ob man den Klang von klassisch-schöner Musik wertschätzt, habe nichts mit dem Alter zu tun, so East:

East sagt, er wolle 2018 kein Album machen, das nach 1973 klingt. Stattdessen wolle er Musik produzieren, die zeitlos und langlebig sei: „So was wie ein musikalisches Paar Jeans.“

Ein schönes Bild, das mit der klassischen Blue Jeans. Vor allem, wenn man heute so eine sucht und überall nur diese zerrissenen, extra-stretch Hosen hängen. Es ist wirklich schwer, so eine klassisch geschnittene, zeitlose Jeans zu finden. Genauso wie Alben wie dieses von East eine Seltenheit sind. Die Arrangements und die Instrumentierung hauen einen um. Da hört man mal opulente Bläserpassagen und dann atmosphärische Stücke nur mit Klavier. Jeder einzelne Song berührt.

Der Fairness halber muss man aber sagen, dass all das Lob und die Bewunderung nicht Anderson East allein gebührt. Eine ganze Reihe an Musikern waren an diesem Album beteiligt: Ed Sheeran zum Beispiel hat an einem Song mitgeschrieben, der schwedische DJ und Echo-Gewinner Avicii war an der Produktion beteiligt, und Ryan Adams hat Gitarre gespielt. Und Chris Stapleton hat zusammen mit seiner Frau auch einen Songtext beigesteuert.

East erzählt, dass der Song „King For A Day“ unter anderem zusammen mit Chris Stapleton nach einem Konzert entstanden ist. „Als wir mit dem Konzert fertig waren, rief mich Chris in seine Garderobe“, so East. „Da hatte er die erste Strophe fertig und fragte mich, ob wir den Song nicht zusammen zu Ende schreiben wollen. Und ich sagte: ach, dafür brauchst Du doch meine Hilfe nicht!“ East weiter: Eine halbe Stunde später stiegen wir in den Bus und der Song war fertig. Das war, als wäre dieses Lied vom Himmel gefallen.

Anderson East hat sein Album „Encore“ also Zugabe genannt, weil er wollte, dass jeder einzelne Song darauf so gut ist, dass er bei einem Konzert als Zugabe die Besucher glücklich und zufrieden nach Hause gehen lässt. Mission erfüllt. Und das Schöne bei einem Album ist, man muss nach der Zugabe nicht nach Hause gehen. Man kann einfach von vorn anfangen. (Mdr.de)

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