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CD-Tipps

ELISE LEGROW

ELISE LEGROW / PLAYING CHESS

Die Kanadierin Elise LeGrow ist bereits 2009 nach einem Liveauftritt in Toronto fürs Big Business der Musik entdeckt worden. Am 16. Februar hat die Sängerin mit “Playing Chess“ ein fulminantes Debütalbum vorgelegt. Elf Coverversionen von Songs aus den Archiven des legendären Chicagoer Chess-Labels zeugen von Mut und Stilsicherheit der 1987 in Toronto geborenen Sängerin.

Spätestens jetzt sollte Elise LeGrow kein unbeschriebenes Blatt mehr sein. Zu stilsicher auf ihr stimmliches Timbre zugeschnitten und bisweilen kunstvoll auf links gedreht kommen ihre Neuinterpretationen aus dem Songfundus von Chess Records daher. Warum sie gerade von diesem von den Brüdern Leonard und Phil Chess 1950 gegründeten Label fasziniert ist, liegt für die talentierte Sängerin auf der Hand:

Elise LeGrow über Chess Records, [0:42]

Was mir einfällt, wenn ich über Chess Records nachdenke und darüber, was mich inspiriert hat, ist die große Spannbreite der Aufnahmen. Einerseits gibt es sehr Bluesiges, dafür ist das Label in erster Linie auch bekannt, aber es stand ebenso an der Spitze von Rock ‘n‘ Roll und Soul. Also gibt es dort vieles zu entdecken. Mein eigener musikalischer Horizont ist ebenso weit gespannt. Es ist also eine wundervolle Reise in eine solch enorme musikalische Bandbreite gewesen. Während andere Labels wie Motown mit seinem sehr speziellen Sound sich stärker spezialisiert haben, ist Chess hingegen ein echter Alleskönner gewesen.

Coverversionen, die aufhorchen lassen

Recht hat Elise LeGrow, waren bei Chess Records doch musikalische Urgesteine wie Muddy Waters, John Lee Hooker, Etta James und Chuck Berry beheimatet. Einen Teil ihrer Wurzeln hat auch die kanadische Sängerin in Chicago: Ihr Vater wurde im Dunstkreis dieser Metropole am Michigansee geboren und ihr Großvater war als Trompeter und Schlagzeuger in der Chicagoer Jazzszene aktiv. Gute Voraussetzungen also für die musikalische Spurensuche im Chess-Archiv:

Wir hatten schon so etwas wie eine klare Vorstellung davon, was wir mit der Platte vorhatten. Aber es war in der Tat eher eine Skizze. Es war also von Anfang bis Ende ein Entwicklungsprozess. Wir sind nicht genau dort angekommen, wo ich es mir vorgestellt hatte. Auf dem Weg haben wir definitiv einige Schätze gefunden, etwa indem meine Band und ich bei den Arrangements vieles erst im Studio ausgearbeitet haben. Auf diese Weise ist das ein wirklich aufregender Prozess gewesen.

Einer Portion Mut hatte es schon bedurft, um sich an die Archivschätze des renommierten Chess-Labels heranzuwagen. Haben die von Chess Records betreuten Musiker doch, was Blues und frühen Rock ’n‘ Roll angeht, Maßstäbe gesetzt:

Elise LeGrow über ihren Zugang zu den Songs, [0:25]

Der wichtigste Aspekt bei den Vorbereitungen und den Aufnahmen für “Playing Chess“ war tatsächlich, einen originellen Weg für die Präsentation dieses musikalischen Materials zu finden. Denn so vieles davon ist allgemein bekannt, es handelt sich um lieb gewordene Musik. Wenn man sich also darauf einlassen möchte, so muss man seinen ganz eigenen Zugang finden. Insofern war es für mich äußerst wichtig, unseren eigenen Kurs zu markieren.

Musikalisch den eigenen Kurs verfolgt

Dieser eigene, individuelle Kurs wird besonders deutlich in LeGrows auf ein klangliches Minimum eingedampfter Version des Chuck-Berry-Klassikers “You Never Can Tell“. Produzent Steve Greenberg erinnert sich, dass er diese Fassung bereits 1978 als Teenager während eines freiwilligen sozialen Jahres in einem Kibbuz in Israel geschrieben hatte, damit er “You Never Can Tell“ mit seiner Gitarre am Lagerfeuer spielen konnte. Aus einem vorantreibenden Rock ’n‘ Roller ist auf diese Weise eine Ballade von erlesener Sprödigkeit geworden. Von der hohen Qualität der musikalischen Schätze aus dem Chess-Archiv ist Elise LeGrow absolut überzeugt. Überhaupt sieht sie die handwerklich gut gemachten alten Songs wieder im Aufwind:

Elise LeGrow über die Qualität der alten Songs, [0:24]

All diese Songs feiern ihr Comeback, weil so viel Plastikmusik von der Stange auf dem Markt ist, und die Kehrseite davon ist eine Gegenbewegung, nämlich der Wunsch der Leute, Stimmen ohne Autotuning sowie eine echte Band in einem richtigen Studio zu hören. Und aus diesen Gründen wird diese Musik immer zeitlos bleiben!

Eine Gänsehaut erzeugende Stimme

Die musikalische Vision zu “Playing Chess“ hatte Elise LeGrows Produzent Steve Greenberg. Zusammen mit der aus Miami stammenden Soulsängerin Betty Wright und dem zweifachen Grammy-Gewinner Michael Mangini bildete Greenberg ein Team, welches die in LeGrow schlummernden Talente zu voller Entfaltung bringen konnte. Greenberg und Mangini hatten ihre Pläne für eine Art Soul-Album schon lange ad acta gelegt, bis sie Elise LeGrows Stimme hörten und sofort wussten, dass sie damit die ideale Sängerin gefunden hatten. Und so entwickelte sich ein wunderbares Spiel des musikalischen Nehmens und Gebens, dessen sich die Kanadierin mit der Gänsehaut erzeugenden Stimme absolut bewusst ist:

Elise LeGrow über ihr Produzententeam, [0:47]

Ich hatte das große Vergnügen, bei diesem Album mit einem tollen Produzententeam zusammenzuarbeiten. Es ist ein aus New York kommendes Team: Steve Greenberg und Mike Mangini; aber auch Betty Wright ist dabei, die aus Miami stammt. Und diese drei haben mit dieser Platte einen so großartigen Job gemacht! Seit sie vor einigen Jahren zusammen mit Joss Stone an ihren extrem erfolgreichen Alben gearbeitet haben, ist es das erste Mal gewesen, dass sie ihre Kräfte wieder vereint haben! Es ist für mich ein riesengroßes Vergnügen und eine echte Ehre gewesen, dass so weltberühmte, Grammy gewinnende Produzenten ihre wertvolle Zeit und Energie damit verbracht haben, mit einer relativ unbekannten Sängerin aus Kanada zu arbeiten. Ja, ich bin sehr glücklich darüber, dass ich die Möglichkeit hatte, mit ihnen zusammenzuarbeiten.

Mit hohen Ansprüchen an die Songs herangegangen

Die Aufnahmesessions zu “Playing Chess“ begannen bereits 2016 in New York. Mit dabei waren exzellente Studiomusiker, die LeGrow als ihre “All Star Band“ bezeichnet. Die Fähigkeiten ihrer Band und ihres Produktionsteams haben sich gut mit Elise LeGrows eigenen Ansprüchen an einen guten Song ergänzt. Denn diese sind präzise und finden in den Preziosen aus dem Chess-Repertoire ihre kongeniale Entsprechung:

Elise LeGrow darüber, was einen guten Song ausmacht , [0:44]

Ich nehme an, für mich ist eine der großen Sachen daran, dass ein guter Song uns mit dem Wunsch nach mehr oder mit einer Frage oder so etwas zurücklässt. Grundsätzlich bin ich ein großer Fan eines Songs von zwei bis drei Minuten Länge, der eine Geschichte erzählt und Gefühle hervorruft. Am Ende wünscht man dann, dass es mehr davon gebe, dass die Geschichte weitergehe. Ich meine, dass auch eine gewisse Mehrdeutigkeit dazugehört, denn jetzt kommt die Lyrik ins Spiel. Das ist es ja, worum es bei der Dichtkunst letztendlich geht: die Anspielungen auf Dinge, das Erzeugen von Bildern in unseren Köpfen. Diese Bilder müssen nicht zwangsläufig eindeutig sein, aber sie führen zu einer wie auch immer gearteten emotionalen Reaktion. Das ist auf jeden Fall etwas, das ich bei meinem eigenen Songwriting anstrebe.

Die Songs aus ihrer Zeitkapsel herausgeholt

Schon als Kind hat Elise LeGrow ihre Stimme für sich entdeckt. Heute verschmilzt sie stimmlich Schmerz und Liebe zu einer einzigartigen Verbindung. LeGrow kann mit ihrem leicht heiseren Timbre klingen wie Adele; sie kann stimmlich aufdrehen wie Shirley Bassey. Sehr flexibel setzt sie all ihre Gesangsschattierungen ein und lotet damit die Chess-Songs bis in ihre Tiefen aus. Und das klingt eben nicht simpel nach Chess reloaded, sondern durchaus zeitgenössisch mit einem leichten Retro-Touch. Elise LeGrow und ihr Team haben die Songs auf “Playing Chess“ erfolgreich und inspirierend aus ihrer Zeitkapsel herausgeholt:

Elise LeGrow über ihr Musikerleben, [0:16]

Ich denke, dass alles begann, als ich noch ein sehr kleines Mädchen war, das Disney-Songs und solche Sachen sang. Das ist, wo die Geschichte beginnt. Aber die letzten paar Jahre habe ich an dieser Platte “Playing Chess“ gearbeitet. Und das ist fürs Erste der bedeutendste Teil meiner Lebensgeschichte.

Heute blickt Elise LeGrow optimistisch in ihre künstlerische Zukunft und entdeckt so etwas wie einen Plan in ihrer musikalischen Entwicklung. Denn in der Rückschau stellt sie fest, dass sie bereits als junges Mädchen die Songs aus der Chess-Ära gesungen habe und insofern sei der Schritt zu ihrem Debütalbum nur die logische Konsequenz daraus gewesen. Mit dem Song “Cant Shake It“, dessen Original aus dem Jahr 1964 von Etta James stammt, hat LeGrow dann auch ihrem gesanglichen Vorbild den fälligen Tribut gezollt. Doch in erster Linie hat Elise LeGrow mit beeindruckender stimmlicher Präsenz dem Chess-Label ihre Reverenz erwiesen und aus den Nuggets dieser Chicagoer Musikmine echte Schmuckstücke geschmiedet – und diese musikalischen Juwelen stehen der kanadischen Sängerin bestens!

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