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CD-Tipps

GÖTZ ALSMANN

GÖTZ ALSMANN – L.I.E.B.E.

Kurz vor dem Lockdown konnte Götz Alsmann sein neues Programm „L.I.E.B.E.“ noch live im Konzerthaus Dortmund vorstellen. Da lag sein neues Album noch nicht vor. Der Pianist und Sänger aus Münster wäre normalerweise jetzt unterwegs und würde zwischen München und Kiel mit seiner Band auftreten. Das geht jetzt wohl noch eine Weile nicht. Trösten kann sich der Fan mit dem Album, das jetzt erschien.

Nach drei Programmen, die jeweils einer internationalen Metropole gewidmet waren, Rom, Paris und New York, jetzt also „L.I.E.B.E.“ (Blue Note/Universal). Nat King Cole machte den buchstabierten Gefühlsausbruch 1965 zum Hit. Alsmann erinnert daran, dass der deutsche Komponist Bert Kaempfert das Original in einer Instrumentalversion schon ein Jahr zuvor aufgenommen hatte. Die Schlagerautoren wie Michael Jary, Bruno Balz, Hans Bradtke, Helmut Käutner, die oft am Kabarett geschult waren, bewegten sich auch ganz vorne in der internationalen Unterhaltungsmusik, meint Alsmann.

Auch „Der Sommerwind“ ist so ein Re-Import. Das Lied von Hans Bradtke und Heinz Meier wurde 1966 als „Summer Wind“ zu einem internationalen Hit für Frank Sinatra. Alsmann interpretiert das Original als wunderbar swingenden Chachacha mit einem luftigen Streicher- Arrangement. Das hat er sich diesmal auch gegönnt bei einigen Titeln: Das „Swonderful Orchestra“ unterstützt die Band. Damit gelingt es dem Musiker, an den internationalen Easy-Listening-Sound der 1960er anzuknüpfen.

Das Album knüpft an frühere Aufnahmen des Musikers an wie „Mein Geheimnis“ (2007) und „Engel oder Teufel“ (2009), wo er aus einem ähnlichen Repertoire schöpfte. Alsmann, Musikprofessor an der Uni Münster, hatte für die Aufnahme eine Liste mit 60 oder 70 Titeln, erzählt er in einem Promo-Video, aus denen er letztlich 20 auswählte, die in einer Woche eingespielt wurden. Die ersten Proben waren im Januar, dann kam die Pandemie. Anfang Juli erfolgten dann die Aufnahmen.

„Glücksmomente“ beschwört Alsmann im Begleitheft, „die sich immer dann einstellen, wenn Schlager und Jazz einander die Hände reichen“. Das waren bislang eigentlich Klassiker von den 1920er bis in die 1950er Jahre. Diesmal nimmt der Sänger auch Titel auf, die später kanonisiert wurden. Grandios seine Version von Udo Jürgens‘ Ballade „Was ich dir sagen will (sagt mein Klavier)“. Dabei benutzt Alsmann für das Solo nicht den Konzertflügel, sondern ein kleines Kinderklavier, das scheppert und klirrt. Das ironisiert das Pathos des Liedes, ohne in eine Parodie abzugleiten. Jedes Pling passt hier, ja macht vielleicht die Verzweiflung mehrdeutig. Und auch der Titel „Liebe ist doch kein Ringelreih‘n“, einst von Gitte, erweitert mit der Zeile „In Richis Bude ist heut Schwof“ Alsmanns bisherigen Wortschatz.

Der 63-Jährige ist natürlich musikalisch ein Konservativer. Aber er probiert auf „L.I.E.B.E.“ durchaus Neues aus. So unterlegt er den Hit „Man müsste Klavier spielen können“, den 1941 Johannes Heesters aufnahm, mit einem frechen Shuffle-Rhythmus, als wär‘s ein Titel von Fats Domino. Und bei Zarah Leanders Abschiedslied „Du darfst mir nie mehr rote Rosen schenken“ begleitet er sich zunächst auf der Ukulele. Dann aber wechselt er an die E-Gitarre, auf der er frech einen Rock-‘n‘-Roll-Rhythmus schlägt, ein Riff wie bei Bo Diddley.

So kann man natürlich auch Sentimentalität unterlaufen, wenn sie allzu schlimm wird. Denn mag auch Alsmann die alten Meister loben, der Horizont, in dem der Schlager sich mit Liebe befasst, ist doch recht eng. Da ist das höchste der Gefühle ein Kuss im Park im Mondschein. Und der Erotiker himmelt allzu oft ein „Fräulein“ an, für das sein Herz schlägt. Wenn das allerdings so allerliebst swingt wie bei „Gestern Abend ging ich aus“, dann tut die Verklemmtheit fast gar nicht weh. In „Nur eine schlechte Kopie“ wirft er seiner Partnerin vor, dass sie allerlei Filmschönheiten gleiche, leider aber nur äußerlich. Wenn er da in der Zeile „Von Jayne Mansfield hast du die Figur“ das „hhhhast“ hechelt wie der hungrige Wolf aus dem Cartoon, ist das große Interpretenkunst. Allerdings: Persönlichkeit an Kurven und Frisur zu messen, ist schon sehr oberflächlich. Aber Feministinnen können sich abregen: Im Original von Greetje Kauffeld stehen Elvis Presley, Frank Sinatra und Gary Cooper. Alsmann hat nur die Namen ausgetauscht, sozusagen gegendert.

Wenig ist an Alsmanns Interpretationen auszusetzen. Bei „Ganz leis‘ erklingt Musik“ allerdings gibt er sich dann doch etwas zu sentimental dem Gefühlsrausch hin. Dagegen hat das Original von Rudi Schuricke deutlich mehr Schwung. Und weniger Kitsch. Aber Alsmann ist eben Romantiker. Im „Zauberlied“ gelingt ihm das Sentimentale deutlich besser, ein inniger langsamer Walzer. (aus wa.de)

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