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CD-Tipps

VAN MORRISON

VAN MORRISON/THE PROPHET SPEAKS

Jede Wette, dass Van Morrison nur ein paar Tage für die Arbeit an „The Prophet Speaks“ benötigt hat. Viel Blues, viele Oldies, ein paar neue Songs aus eigener Feder eingestreut. Früher hockte der Ire Monate an Konzept und Sound von Alben unsterblicher Evergreens wie „Astral Weeks“, „Common One“ oder auch „Hymns To The Silence“. Heute reicht eine routinierte Stippvisite im Studio – im Schlepptau Vertraute wie der Keyboarder Joey DeFrancesco.

Keine Überraschungen, kein Seelen-Strip, kein emotionaler Überfluss. Man kann das bedauern, doch Van Morrison findet es großartig. Selten hat man den irischen Grantler so entspannt gehört wie auf den fünf (!) neuen Alben der vergangenen drei (!) Jahre – und so entspannt gesehen. Das Cover von „You’re Driving Me Crazy“ zeigte Morrison und DeFrancesco Anfang des Jahres beim Rumalbern, auf seinem 40. Studio-Album macht sich der 73-Jährige jetzt sogar an Sam Cookes „Laughin And Clownin“ – nicht automatisch sein Metier.

Van Morrison geht’s gut – und sein Alterswerk dient als Nachweis. Eben weil nichts mehr bewiesen werden muss, kein kreativer Druck mehr auf den Musikern lastet, ist „The Prophet Speaks“ voller kleiner Kostbarkeiten wie Solomon Burkes „Got To Get You Off My Mind“, John Lee Hookers „Dimples“ oder Willie Dixons „I Love The Life I Live“.

Überhaupt, der Blues. Jene Lieder, die ihn von Anfang an begleiten, wie er im Begleittext zu „The Prophet Speaks“ betont. Früher waren sie oft die letzte Zuflucht eines erratischen, mit sich, seinen Musikern und seinen Fans hadernden Genies. Das waren die Momente, in denen er hastig im verschlissenen Sakko nach der Mundharmonika kramte und mit ihr dann raus schrie, was alles im Gefühlsstau unsagbar zu bleiben drohte.

Der Blues ist ein alter Freund

Jetzt ist der Blues ein alter Freund, ein vertrauter Weggefährte – und die unerlässliche Kulisse für eine ganze Reihe erstaunlich relevanter neuer Songs: „Got To Go Where The Love Is“ und „Ain’t Gonna Moan No More“ sind fein, ein bisschen versteckt am Ende entfaltet sich dann sogar eine Magie wie in den alten Tagen: Von „Spirit Will Provide“ und „The Prophet Speaks“ werden wir noch reden müssen, wenn es um das Lebenswerk des Iren geht.

Und der Rest? Die reine Freude, mehr nicht. Aber das ist ja nicht selbstverständlich im Werk von Van Morrison. (www.ndr.ch)

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