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CD-Tipps

CACTUS BLOSSOMS

CACTUS BLOSSOMS / YOU’RE DREAMING

The Cactus Blossoms, das sind Page Burkum und Jack Torrey aus St. Paul, Minnesota. Zwei Brüder im Geiste. Beide haben sie eine Schwäche für obskure Country-Songs aus den späten 50ern und frühen 60ern. Ein außergewöhnlicher Musikgeschmack für zwei Twens. Aber auch eine gute Voraussetzung für eine besondere Band, für ein ganz spezielles Projekt.

Es dauerte nicht lange, da waren The Cactus Blossoms die Hausband im Turf Club von St. Paul. Die Fangemeinde wuchs und wuchs – und damit auch die Ansprüche der beiden Retro-Freaks. Ein Studio-Album musste her. Den Plan dafür hatten sie schon bevor auch nur ein Ton im Aufnahmeraum gespielt wurde: Sie wollten die bestmögliche Rhythmus-Gruppe engagieren, um die CD – ganz nach alter Sitte – live einzuspielen. In den in Chicago ansässigen Musikern, dem Schlagzeuger Alex Hall (Pokey LaFarge), Gitarrist Joel Paterson (Wanda Jackson) und Bassist Beau Sample (Cash Box Kings) fanden sie kongeniale Mitstreiter, um die elf Titel von „You’re Dreaming“ aufzunehmen.

You’re Dreaming Musik zu Hank Williams, Sr. Zeiten

Schon nach den ersten Tönen kratzt man sich unweigerlich am Kopf: Sind das wirklich zwei Kids aus Minnesota? Oder ist das nicht doch bislang verschollenes Material der Everly Brothers? Oder der Louvin Brothers? Oder vielleicht sogar eine verschüttete Aufnahme von Hank Williams, Sr.? Nun, es sind natürlich Page und Jack, unbeirrbar auf ihrem musikalischen Weg in die Vergangenheit. „Spotlight Kisses“ heißt der Opener von „You’re Dreaming“, und er klingt genauso naiv und süß wie der Songtitel verspricht. Untermalt von einem braven, synkopierten Schlagzeug, Bass und einer schrammelnden Gitarre erinnert alles an dem Song an die guten Everly Brothers, als sie sich Mitte der 50er Jahre in Nashville neu erfanden. Die Arrangements sind dabei so lässig und gefällig, dass man glatt den längst verstorbenen Chet Atkins hinter den Reglern vermuten könnte.

Freilich drängen sich die beiden Zeitreisenden mit ihrem Sound für keinen Innovationspreis auf. Warum auch? Dafür aber macht ihre Referenz an die frühen Country-Tage richtig Laune. Songs wie das noch näher an die Everlys gerückte „You’re Dreaming“, der Titeltrack, und das herrlich kitschige „Queen of Them All“ machen Lust auf Haartolle, Bowlinghemd und Würfel am Rückspiegel. Ihre nicht selten melancholische Rückbesinnung ist übrigens frei von jeglicher Ironie. Das kann man als Welt Entrücktheit kritisieren. Das kann man aber auch gut finden – und die ersten Resonanzen auf die Musik der Cactus Brothers fallen tatsächlich positiv bis euphorisch aus.

Das liegt zu einem guten Teil an den gesanglichen Vorzügen des Duos. Ihre Stimmen sind warm, kraft- und seelenvoll und geradezu perfekt miteinander harmonierend. Der zweite große Pluspunkt ist das Songwriting des Zweiers. Ihre Songs sind rund wie ein Ball, glatt wie ein Ei und dazu meist extrem kompakt. Der Opener bringt es gerade mal auf eine Spielzeit von zwei Minuten, 17 Sekunden und alle elf Songs auf „You’re Dreaming“ bescheren insgesamt nur ein gut halbstündiges Hörvergnügen. Doch auch das lernten sie von den alten Meistern: In der Kürze liegt die Würze.

Ihre Domäne haben Page und Jack eindeutig im gefühlvollen Country-Rock ’n‘ Roll, in den Balladen. In „Clown Collector“, „If I Can’t Win“ und dem mit dezenten Tex-Mex-Attributen ausgestatteten „Adios Maria“ tragen sie ihrem Faible genussvoll Rechnung. Gelegentlich aber lösen die zwei mit ihren Mitstreitern die Handbremse, um tüchtig auf das Gaspedal zu treten. Ergebnis sind Rockabilly-angehauchte Titel wie das herrliche „Clown Collector“ und der temperamentvolle Country-Gospel von „Change Your Ways or Die“. Mit „Traveler’s Paradise“ beenden The Cactus Blossoms auf „You’re Dreaming“ ihren Trip in die Vergangenheit – mit einer gemütlich dahin klappernden Country-Ballade, wie sie Hank Williams kaum schöner angestimmt hätte.

Fazit: Wer die frühen Everly Brothers und Hank Williams liebt, wird auch die zwei von The Cactus Blossoms mögen – ihr neues Album, „You’re Dreaming“, bietet Retro-Country in seiner schönsten Form.

(asu countrymusicnews.de)

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