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CD-Tipps

DR. JOHN


DR. JOHN – THE MONTREUX YEARS

Es sind wirklich nicht nur schwer beeindruckende, sondern mitunter auch sehr außergewöhnliche Musiker, die im Rahmen der „The Montreux Years“-Serie in allerbester Qualität auf Vinyl veröffentlicht werden. Viele bringen zudem Montreux in erster Linie mit Jazz-Live-Musik in Verbindung. Doch das Festival öffnete sich immer mehr auch rockigen, bluesigen, souligen Klängen und experimentellen Musikern, von denen DR. JOHN ein ausgezeichnetes Beispiel ist. Der im Jahr 2019 verstorbene Pianist, Gitarrist und Sänger aus New Orleans sowie mehrfache Grammy-Preisträger bewegt sich musikalisch wie selbstverständlich zwischen Boogie, Rock, Blues, Folk und Jazz sowie vielen psychedelischen Eskapaden, die ihm zugleich die Aufnahme in die Blues- sowie die Rock’n’Roll-Hall-Of-Fame bescherte. Dagegen ist seine Jazz-Seite eher marginal, die des singenden Boogie-Pianisten aber riesig.

So gesehen eben kein typischer Kandidat für die Montreux-Jazz-Festivals, bei denen er gleich insgesamt sieben unterschiedliche Auftritte absolvierte. Den ersten im Jahr 1986 und den letzten im Jahr 2012. Die Doppel-LP enthält daraus nunmehr die insgesamt 14 Highlights.

Am häufigsten sind hierbei die fast 40 Jahre alten Aufnahmen des 1986er-Festivals, die zudem die LP umrahmen, indem die Doppel-LP mit dem „Professor Longhair Boogie“ beginnt und dem „Good Night Irene“ endet. Die Klangqualität aller auf der Doppel-LP präsentierten Songs ist faszinierend, egal von welchem Konzert oder aus welchem Jahr sie stammen, da das Mastering wieder in den legendären Londoner Metropolis Studio erfolgte und dabei MQA verwendet wurde, ein Aufnahmeverfahren, das speziell den Original-Sound der Live-Auftritte einfängt und so klingt, als würde man direkt vom Mischpult aus mit zuhören.

Fast die gesamte LP-A-Seite enthält nur Aufnahmen des 1986er-Konzerts, aber auch einen der zwei Mitschnitte aus dem 2007er-Konzert. Schon bei den frühen Stücken, die er ganz allein am Klavier präsentiert, zeigt sich DR. JOHN von seinen vielen Musiker-Seiten, beginnend mit einem waschechten Boogie und endend mit einem fetten Blues. Alle anderen Konzerte bestreitet der unüberhör- sowie unverkennbare Mann aus New Orleans mit großer Begleitung, bei denen oft die Blasinstrumente im Mittelpunkt stehen und ein ordentliches Jazz-Feeling vermitteln, aber auch breite Improvisationen zulassen wie im über 10-minütigen „Going Back To New Orleans“ von 1993, welches außerdem, wenn die Gitarre und Percussions ins Spiel kommen, das beste Weltmusik-Flair der Marke SANTANA verbreitet.

Wenn DR. JOHN aber an die Orgel oder sogar Gitarre wechselt, dann geht’s oft rockig und/oder soulig zu wie bei allen Nach-2000er-Auftritten. Aber auch Balladen, die deutlich an einen TOM WAITS erinnern („Rain“), erklingen voller Leidenschaft und Spielfreude.

Am Ende nahm der selbst ernannte ‚Night Tripper‘, der auch durch seine oft ungewöhnlichen Kopfbedeckungen bei den Konzerten oder musikalische Voodoo-Beschwörungen auffiel, insgesamt 30 Studio- und 9 Live-Alben auf, die ihm eine ihn kultisch verehrende Fan-Schar einbrachten, von denen viele sicher auch auf „Dr. John: The Montreux Years“ als euphorisch jubelndes Publikum zu vernehmen sind.

FAZIT: Der zehnte Teil im Rahmen der „The Montreux Years“-Reihe mit hervorragend gemasterten Live-Auftritten, deren Klang bestechend ist, gilt diesmal dem kunterbunten, ‚behuteten‘ Musik-Chamäleon DR. JOHN. „Dr. John: The Montreux Years“ enthält insgesamt 24 handverlesene Songs, die der im Jahr 2019 verstorbene Pianist, Gitarrist und Sänger sowie mehrfache Grammy-Preisträger aus New Orleans in den Jahren 1986 bis 2012 im Rahmen von insgesamt 7 Konzerten eindrucksvoll präsentierte. Dabei lässt er natürlich – mal mit großer Musikerbegleitung, mal solistisch am Klavier – immer wieder seine New Orleanser Wurzeln durchklingen, bei denen er durch seine Boogie-Piano-Spielweise besticht. In den bedruckten Innenhüllen der Gatefoldcover-Doppel-LP gibt es zudem noch umfangreiche Linernotes von Russ Titelman – ebenfalls Grammy-Preisträger sowie Produzent und enger Freund des Musikers – zu lesen. So gelingt es auch bei diesem zehnten Montreux-Teil die außergewöhnlich hohe Qualität der Serie vorbildlich zu halten.(aus musikreviews.de)